Einblick in die Entwicklung der Atemschutzmaske mit integriertem Coronatest – mit Dr. Cornelia Hettrich

Coronatests sind ein wichtiger Bestandteil der Maßnahmen, um die Ausbreitung von SARS-CoV-2 zu verringern. Die gängigen Testverfahren haben jedoch einige Nachteile. In einem Gemeinschaftsprojekt zwischen dem Fraunhofer IZI-BB und dem Fraunhofer IAP arbeitet ein Team um Dr. Cornelia Hettrich an Möglichkeiten, das Testverfahren ohne Abstriche zu ermöglichen.

Der Coronatest: Für das Personal in Schulen, Kitas, Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen gehört er schon zum Alltag. Der von Fachpersonal durchgeführten (Antigen-)Schnelltest hat allerdings einen Nachteil, denn er erfordert einen Abstrich in Nase und Rachen, den viele als unangenehm empfinden. Um diesen Nachteil auszugleichen, arbeitet ein Team um Dr. Cornelia Hettrich vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie, Institutsteil Bioanalytik und Bioprozesse IZI-BB, an Möglichkeiten, wie dieses Testverfahren vereinfacht werden kann. Ihr Ansatz ist dabei recht simpel: Ein Sensor soll direkt in eine Atemschutzmaske integriert werden und misst und analysiert dort laufend die Viruslast in der ausgeatmeten Atemluft der Träger*innen. Denn auch wenn die Personen keine Symptome zeigen, ist die Viruslast in der Atemluft bereits ausreichend, um eine Erkrankung mit SARS-CoV-2 nachzuweisen. Das Testergebnis wäre dann sofort verfügbar und ohne Nasen- oder Rachenabstrich möglich.

Ideenwettbewerb der Fraunhofer-Gesellschaft führte zu vielversprechenden Forschungsvorhaben

Bei diesem Forschungsvorhaben handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt, in dem die Wissenschaftlerin Dr. Hettrich vom Fraunhofer IZI-BB im Potsdam Science Park, mit Kolleg*innen um Dr. Kay Hettrich vom benachbarten Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP zusammenarbeitet. Der Startschuss für das Projekt fiel im August 2020. Der initiale Impuls kam dabei im April mit einer internen Ausschreibung von der Fraunhofer-Gesellschaft. Gesucht wurden Ideen, um auf die Coronapandemie zu reagieren. Das heißt, von Medikationen bis hin zu Schutzkleidung oder Testverfahren wurden Anwendungen und Lösungen gesucht, um die Ausbreitung des Virus‘ präventiv zu minimieren und neue Therapiemöglichkeiten zu entwickeln.

Auf einer Plattform konnten die Ideen eingereicht werden, die Wissenschaftler*innen haben sich untereinander vernetzt, ausgetauscht und gegenseitig unterstützt. „Die Fraunhofer-Gesellschaft ist da sehr zeitig aktiv geworden, es gab eine unglaubliche Dynamik“, erinnert sich Dr. Cornelia Hettrich an den Beginn der Ideenfindung. Ihre Arbeitsgruppe hatte vor allem medizinisches Personal im Blick, weil diese Personengruppe durch den häufigen Kontakt mit Patienten oft ungeschützt ist. „Unser Gedanke war: Täglich Abstriche zu machen – das können wir dem Personal nicht zumuten. Schnelltests waren noch nicht verfügbar, PCR-Tests dauern durch die Laborauswertung zu lange. Doch das Personal ist aus Selbstschutzgründen zum Tragen einer Maske verpflichtet. Da kam uns die Idee: Lasst uns den Test in die Maske integrieren“, so Dr. Hettrich.

So würden die Masken mit integriertem Sensor funktionieren

Seit August 2020 arbeiten die Wissenschaftler*innen vom Fraunhofer IZI-BB und Fraunhofer IAP daran, die Atemschutzmaske mit integriertem Sensor umzusetzen. Konkret erforscht das Team um Dr. Cornelia Hettrich, was passiert, wenn das Coronavirus im Nasen-/Rachenraum bzw. in der Lunge auf die Schleimhautzellen trifft: „Wir schauen uns genau an, wie das Virus funktioniert und wie die menschliche Zelle reagiert. Also: Was passiert beim Andocken des Virus‘ an die Zellen, wie infiziert es uns? Das bauen wir nach. Im Sensor bieten wir die Strukturen, die das Virus kennt, so dass wir eine Anreicherung von Viren haben“, so Dr. Cornelia Hettrich. Im Ergebnis wird die Maske mit einer Testmatrix ausgestattet, mit der ein marktüblicher Schnelltests oder auch ein PCR-Test durchgeführt werden kann. Langfristig will das Forschungsteam einen Schnelltest direkt in die Maske integrieren, der auf einem Streifen sofort anzeigt, ob die Person, die die Maske trägt, mit Corona infiziert ist oder nicht – ganz wie bei herkömmlichen Schnelltest, nur dass kein Abstrich erforderlich ist.

Erste Masken mit integriertem Coronatest möglicherweise in drei Jahren auf dem Markt

Sollte die Atemschutzmaske mit integriertem Test auf den Markt kommen, wäre das für Dr. Cornelia Hettrich ein echter Durchbruch. Seit 2017 forscht die Wissenschaftlerin des Fraunhofer IZI-BB gemeinsam mit Dr. Kay Hettrich vom Fraunhofer IAP im Rahmen des Fraunhofer-Leistungszentrums „Funktionsintegration“ an der Analytik von Atemgas. Mit einer Marktreife rechnet die Wissenschaftlerin allerdings erst in einigen Jahren.

Auch wenn derzeit die Corona-Impfquote steigt, wird es weiterhin einen Bedarf an Masken mit integriertem Schnelltest geben: „Das Virus wird uns vermutlich noch eine Weile beschäftigen, ob wir wollen oder nicht. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass wir eine Herdenimmunität erreichen, wenn mindestens 85% geimpft sind. Das ist noch ein weiter Weg. Aber auch ein Teil der Geimpften könnte unter Umständen das Virus weitergeben oder auch erkranken. Beim medizinischen Personal werden wir so schnell an Tests nicht vorbeikommen“, so die Potsdamer Wissenschaftlerin.

Erkenntnisse über Corona hinaus

Mit ihrer Forschung konnte Dr. Cornelia Hettrich aber auch Erkenntnisse gewinnen, die über den Einsatz beim Coronavirus hinausgehen. „Wir haben gesehen, dass sich Cellulose-Derivate sehr gut eignen, um körpereigene Strukturen nachzubauen. Das hilft uns im konkretem Fall, um die Infektiosität zu erhöhen – das klingt für Laien zunächst eigenartig, bedeutet aber einfacher gesagt: Wir können mehr Viren aus der ausgeatmeten Luft binden und so die Genauigkeit des Testergebnisses erhöhen“. Die Potenziale seien hoch, das auszubauen und auch auf weitere Viren und Bakterien zu übertragen.

Darüber hinaus hat Cornelia Hettrich auch viel über die Kommunikation von Wissenschaft nachgedacht und daraus ihre Lehren gezogen: „Während der Krise habe ich mich oft gefragt: ‚Wir haben doch gute Ideen, warum wurden diese nicht schon früher genutzt? Die Politik sollte deshalb mehr auf die Wissenschaft hören. Sie sollte agieren, statt reagieren.‘ Das hat mir gezeigt: Auch wir als Wissenschaftler*innen müssen lernen, anders zu kommunizieren. Wir müssen noch mehr auf Firmen zugehen, Workshops organisieren, uns mehr vernetzen, um den Wissens- und Technologietransfer zu unterstützen. Wir müssen noch besser zuhören, was der Markt benötigt und wie wir für die Industrie mit unserer Forschung neue Impulse setzen können.“

Hervorragende Forschungsbedingungen im Potsdam Science Park

Dr. Cornelia Hettrich forscht weiter an neuen Möglichkeiten, Coronatests für medizinisches Personal und Pflegepersonal zu vereinfachen. Dass das Fraunhofer IZI-BB seinen Standort im Potsdam Science Park hat, ist für ihre wissenschaftliche Arbeit insgesamt sehr hilfreich: „Als außeruniversitäres Forschungsinstitut sind wir hier am Campus gut vernetzt. Die Wege sind kurz, man kennt sich. Diese Rahmenbedingungen und die Atmosphäre sind sehr befruchtend für Ideen und neue Forschungsansätze“, so Dr. Hettrich. Man freue sich auch über die Nähe zur Uni Potsdam, die es dem Institut leicht macht, hochqualifiziertes, neues Personal zu finden. „Wir haben wirklich eine sehr gute Infrastruktur am Park und eine hervorragende Science Community. Das finde ich für meine Arbeit sehr beflügelnd“.

Dieser Blog und die Projekte der Standortmanagement Golm GmbH im Potsdam Science Park werden aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und des Landes Brandenburg finanziert.

 

Bildnachweis: Dr. Cornelia Hettrich © Fraunhofer IZI-BB

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