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Anna Maria Ullmann © Anna Maria Ullmann

3 Fragen an Yeda: »Wir geben den Frauen ein Stück Freiheit zurück«

Nach der Geburt eines Kindes oder im Alter trifft es viele Frauen: Beckenbodenschwäche. Was wenig bedrohlich klingt, kann im Alltag sehr belastend sein. Denn häufig ist Inkontinenz eine Folge. Das Startup Yeda arbeitet an einer innovativen Lösung, um betroffenen Frauen etwas Leichtigkeit zurückzugeben. Mitgründerin Anna Maria Ullmann über ein verdrängtes Thema, Yedas technologischen Lösungsansatz und die Pläne ihres Unternehmens, im Potsdam Science Park Wurzeln zu schlagen – und zu wachsen.

Sie arbeiten mit Ihrem Startup Yeda an einer Lösung für ein gesellschaftliches Tabuthema – Beckenbodenschwäche, die zu Inkontinenz und anderen Problemen im Alltag führen kann. Wie verbreitet ist diese »unsichtbare« Erkrankung?

Sehr verbreitet. Mich hat die Zahl selbst sehr erschreckt, als ich sie zum ersten Mal gehört habe: Jede zweite Frau leidet früher oder später in ihrem Leben an Beckenbodendysfunktionen. Die Geburt eines Kindes oder die Wechseljahre können das verursachen. Auch viele Sportlerinnen haben Probleme. Als Risikofaktor reicht es schon aus, eine Frau zu sein. Die meisten Frauen haben jedoch gelernt, nicht darüber zu sprechen, Slipeinlagen zu tragen und es schweigend hinzunehmen.

Den Beckenboden muss man sich vorstellen wie ein Netz aus Muskeln, Bändern und Bindegewebe. Dieses Netz hält die Organe da, wo sie hingehören, auch die Blase. Bei einer Dysfunktion ist dieses Netz unter Belastung – etwa beim Hüpfen oder Gewichtheben, Niesen oder Husten – nicht mehr dazu in der Lage. Die Organe und Blase senken sich ab und es kann Urin austreten.

Beckenbodenschwäche ist ein riesiges gesellschaftliches Problem, über das wir kaum reden. Es hat enorme Auswirkungen auf die Lebensqualität von Frauen, auch auf deren Performance. Viele können nicht mehr richtig arbeiten und bekommen psychische Probleme. Es gibt aber nur Lösungen, die teilweise seit Jahrzehnten nicht innoviert wurden, weil es ein Tabu behaftetes Frauenthema ist, obwohl die Auswirkungen die ganze Gesellschaft betreffen.

Mit Yeda wollen Sie ein innovatives Gerät auf den Markt bringen, das Abhilfe schaffen soll. Sie nennen es einen „BH“ für den Beckenboden – was genau kann diese Neuerfindung?

Wir kombinieren zwei existierende Therapieansätze. Bisher gibt es einerseits Trainingsgeräte zur Stärkung der Muskulatur. In der Menopause ist aber oft auch das Bindegewebe betroffen, das man gar nicht trainieren kann. Dann gibt es die weit verbreiteten Pessare, das sind Silikonformen in verschiedenen Formen, die sofortige Unterstützung gegen Inkontinenz bieten, aber statisch sind und nicht wirklich anwendungsfreundlich. Die Frauen werden zur Anpassung oft in die Klinik geschickt und wenn sich ihr Körper verändert, passen sie nicht mehr.

Yeda bietet die sofortige Unterstützung eines Pessars und motiviert gleichzeitig dazu, den Beckenboden zu trainieren, sofern dies noch möglich ist. Form und Funktion wurden auf der Basis der Erfahrung meiner Mitgründerin Dr. Kaven Baessler entwickelt, die seit 20 Jahren Urogynäkologin ist und zwei Beckenbodenzentren in Berlin leitet. Zudem arbeiten wir eng mit betroffenen Frauen zusammen, die mit uns ihre Erfahrungen teilen. Der große Vorteil gegenüber einem herkömmlichen Pessar ist, das unser Silikonring aufblasbar und individuell anpassbar ist. Er ist für Frauen sehr einfach vaginal einzuführen. Sie spüren die Unterstützung direkt, können den Druck selbst anpassen, bis es sich komfortabel anfühlt – und dann unbesorgt ihrem Alltag nachgehen. Es ist eine simple mechanische Lösung, die zusätzlich das Bindegewebe und die Bänder entlastet, die sich dann regenerieren können.

Man kann sich Yeda ein bisschen wie ein Kissen vorstellen, dass das Beckenboden-Netz stützt. Die Blase und andere Organe sacken dadurch nicht ab und es kann kein Urin austreten. Deswegen bezeichnen wir es auch als »BH« für den Beckenboden. Die Frauen entscheiden: Will ich es zum Joggen tragen wie einen Sport-BH oder den ganzen Tag? Und sie können den Silikonring ganz einfach wieder rausnehmen, wenn sie ihn nicht mehr brauchen. Wir geben den Frauen damit ein Stück Freiheit zurück.

Sie planen den Beginn der Serienproduktion für 2026 und wollen Yeda auch international vertreiben. Wie wird sich das Startup hier im Potsdam Science Park in den nächsten Jahren entwickeln, wenn alles nach Plan läuft?

Den ersten Prototypen haben wir Frauen zum Testen gegeben und dann nachgebessert. Unser verbesserter Prototyp mit Handpumpe kommt jetzt in die industrielle Fertigung und wird ab 2026 zunächst in geringer Stückzahl vertrieben. Separat werden wir unsere App launchen, mit der Frauen ihren Beckenboden trainieren können.

Wir wollen Yeda parallel weiterentwickeln, Sensorik integrieren und Biofeedback über die App ermöglichen – zum Beispiel den Unterbauchdruck oder die Temperatur messen, was besonders für Frauen in den Wechseljahren oder zur Fruchtbarkeitsmessung interessant ist. Die nächste Version wird eine elektrische Mini-Pumpe haben, die über die App steuerbar ist. Unsere Hoffnung ist, dass viele Frauen ihre Daten anonym spenden, damit wir eine große Datenbank zur Beckenbodengesundheit bei Frauen für die Forschung aufbauen können.

Hier im Potsdam Science Park wollen wir langfristig wachsen und mehr Räumlichkeiten anmieten. Wir planen auf dem US-amerikanischen Markt zu expandieren, aber wir haben beschlossen, mit der Produktion und all unserem Ingenieurswissen in Golm zu bleiben. Dadurch bleibt Yeda Made in Germany, was ein Qualitätssiegel ist.

Das Standortmanagement im Potsdam Science Park war für uns von Anfang an sehr hilfreich, um einen Überblick über Fördertöpfe zu bekommen und in Brandenburg Fuß zu fassen. Auch die Büromieten im GO:IN sind für junge Unternehmen wirklich bezahlbar. Perspektivisch wäre es großartig, hier eine eigene Produktionshalle zu bauen, aber erstmal müssen wir viele andere Meilensteine bewältigen.

Weitere Informationen finden Sie auf der Yeda-Website.

Dieser Blog und die von der Standortmanagement Golm GmbH im Potsdam Science Park durchgeführten Projekte werden von der Europäischen Union und dem Land Brandenburg gefördert.

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