Prof. Dr. Alexander Böker, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP ©sevens[+]maltry
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Standortbotschafter Prof. Alexander Böker – »Aufstieg in die erste Liga«

Prof. Dr. Alexander Böker entwickelt am Fraunhofer IAP nachhaltige Kunststoffe, die auf natürlichen Rohstoffen basieren, recycelbar oder sogar biologisch abbaubar sind. Den Potsdam Science Park sieht er als Schmelztiegel für innovative Ideen.

»Diese kleine Box zum Beispiel«, sagt Alexander Böker und wendet eine weiße Kunststoff-Schachtel mit matter Oberfläche in der Hand. »Normalerweise werden solche Gegenstände aus erdölbasiertem Kunststoff hergestellt.« Das bedeutet: Rohöl wird aus der Erde gefördert, chemisch umgewandelt und zu Plastikprodukten weiterverarbeitet. Wenn das Ende ihrer Lebensdauer erreicht ist, werden sie in der Regel verbrannt – was Rohstoffe vernichtet und klimaschädliches CO₂ freisetzt.

Die weiße Schachtel in Alexander Bökers Hand weist einen Weg in eine nachhaltigere Zukunft der Kunststoffe. »Sie ist aus Pflanzenresten hergestellt und ähnlich einsetzbar wie eine Box aus erdölbasiertem Polyethylen«, sagt Böker. Der biobasierte Kunststoff Polybutylensuccinat (PBS), aus dem sie geformt ist, wurde am Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) im Potsdam Science Park in Golm entwickelt, das Böker leitet. Über fünf Jahre hat ein Team aus vier Wissenschaftler:innen und zwei Techniker:innen das Material optimiert, bis es herkömmlichem Polyethylen technisch ebenbürtig war – und zudem recyclingfähig und biologisch abbaubar. Ein Unternehmen in Sachsen-Anhalt verwendet das Material bereits, um nachhaltige Folien für Versandtaschen zu produzieren. Es ist eine von zahlreichen Entwicklungen der rund 90 Forschenden des Fraunhofer IAP, die in industriellen Anwendungen genutzt werden.

Prof. Dr. Alexander Böker
Prof. Dr. Alexander Böker, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP ©sevens[+]maltry

»Wir streben danach, fossilbasierte Substanzen durch biobasierte zu ersetzen, die eine vergleichbare Qualität bieten, günstig und rezyklierbar sind«, sagt Böker. »So entstehen natürliche Kunststoffe für die Kreislaufwirtschaft der Zukunft.« Zugleich forschen Wissenschaftler:innen des Fraunhofer IAP an innovativen Recycling-Methoden, um auch die millionenfach im Umlauf befindlichen erdölbasierten Kunststoffe ohne Qualitätsverlust in den Rohstoffkreislauf zurückzuführen.

»Wir wollen den Potsdam Science Park durch Kooperation leuchten lassen. Jedes Institut ist für sich genommen schon exzellent, aber erst in der Gemeinschaft entsteht der Spirit, den wir brauchen, um Innovationen im großen Stil voranzutreiben.«

Die Kreislaufwirtschaft ist eines der großen Zukunftsthemen, die im Potsdam Science Park vorangetrieben werden – von der Grundlagenforschung bis zu marktfähigen Innovationen. Das Fraunhofer IAP kooperiert dafür vor allem mit der Universität Potsdam, an der Alexander Böker den Lehrstuhl für Polymermaterialien und Polymertechnologien am Institut für Chemie leitet, und dem Institutsteil Bioanalytik und Bioprozesse des Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und Immunologie IZI-BB sowie dem Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung, die allesamt im Potsdam Science Park ansässig sind.

»Wir haben hier sehr kurze Wege zwischen der Universität, den außeruniversitären Instituten und den Unternehmen, was einen regen Austausch fördert«, sagt Böker. Dieses Miteinander mache aus dem Potsdam Science Park einen Schmelztiegel für Ideen und Innovationen. »Jedes Institut ist für sich genommen schon exzellent, aber erst in der Gemeinschaft entsteht der Spirit, den wir brauchen, um Innovationen im großen Stil voranzutreiben.«

Standortbotschafter Prof. Dr. Alexander Böker
Prof. Dr. Alexander Böker, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP ©sevens[+]maltry

Vita Prof. Dr. Alexander Böker

Professor Alexander Böker leitet das Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP und ist Inhaber des Lehrstuhls für Polymermaterialien und Polymertechnologien an der Universität Potsdam. Von 2008 bis 2015 war Alexander Böker stellvertretender wissenschaftlicher Direktor des DWI - Leibniz-Institut für Interaktive Materialien in Aachen. Im Jahr 2015 erhielt er einen Consolidator Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC).

Als Fraunhofer-Institutsleiter und Universitätsprofessor hat Alexander Böker die Entwicklung des Wissenschaftsstandorts seit 2015 miterlebt – und mitgestaltet. Er kam von der RWTH Aachen als Institutsleiter ans Fraunhofer IAP in Golm. »Seit das professionelle Standortmanagement die Arbeit aufgenommen hat, geht die Entwicklung des Potsdam Science Parks stetig voran – von der Entwicklung von Labor- und Bürogebäuden über die Ansiedlung von Firmen bis zum Zusammenwachsen des Potsdam Science Park zu einem Gesamtbiotop, in dem nicht jeder nur sein eigenes Süppchen kocht«, sagt Böker. »Der Potsdam Science Park wird zunehmend zu einem stehenden Begriff für exzellente Forschung und innovative Startups im Raum Berlin-Brandenburg.«

»Vor allem im biologisch-medizinischen Bereich ist der Potsdam Science Park schon jetzt ein Magnet für Unternehmen. Wir wollen erreichen, dass sich auch Material-Unternehmen hier ansiedeln und vom Austausch mit der Wissenschaft profitieren.«

Besonders am Herzen liegt Böker die Vermittlung von Forschungswissen in die Industrie, um einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Chemie zu leisten. »Der Potsdam Science Park deckt dafür die gesamte Wertschöpfungskette von Innovationen ab – von der exzellenten Grundlagenforschung, über die Anwendungsforschung bis hin zum Transfer in die Industrie«, sagt er. Um die sprunghafte Entwicklung der letzten Jahre fortzuführen, brauche es jetzt die entschlossene weitere Unterstützung durch das Land Brandenburg und die Stadt Potsdam. »Gerade wenn der Aufstieg in die erste Liga bevorsteht, muss man zusätzlich investieren, um die Leistungen zu steigern.«

Am Fraunhofer IAP entstehen unterdessen weitere innovative Materialien. Eine biobasierte Carbonfaser etwa, die aus Cellulose hergestellt wird und erdölbasierte Carbonfasern ersetzen kann – zum Beispiel, um leichte Windradflügel oder Verschalungen für energieeffiziente Autos herzustellen. Oder der Biokunststoff PLA, der am Fraunhofer IAP weiterentwickelt wurde: Das ursprünglich eher spröde PLA kann nun auch für flexible Folienanwendungen eingesetzt werden – etwa für nachhaltige und recyclebare Verpackungsfolien, die genauso strapazierfähig und flexibel sind, wie die herkömmlichen erdölbasierten Folien. 2023 wurde eine Produktionsanlage für das neuartige PLA-Material mit einer Produktionskapazität von 2000 Tonnen pro Jahr in Betrieb genommen. Für die Entwicklung des innovativen Folienmaterials hat ein Forscherteam des Instituts den renommierten Joseph-von-Fraunhofer-Preis 2024 erhalten.

Für Alexander Böker sind das gute Beispiele, wie Ideen durch Exzellenz, Austausch und Entschlossenheit die Welt verbessern können. »Wir wollen die Materialwelt mit überzeugenden Lösungen nachhaltiger und umweltfreundlicher gestalten und zeigen, dass Kunststoffe nicht das Problem, sondern ein wichtiger Teil der Lösung sind.«

 

Die Projekte der Standortmanagement Golm GmbH im Potsdam Science Park werden kofinanziert aus Mitteln der Europäischen Union und des Landes Brandenburg.
Text: Mirco Lomoth | Fotografie: sevens[+]maltry

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