Testen ohne Stigma – Selbsttests zur Erkennung von Geschlechtskrankheiten und Corona-Antikörpern
Remi Health bietet in Kooperation mit der MOMA Test Labor GmbH Selbsttests zur Erkennung von Geschlechtskrankheiten und Corona-Antikörpern und wertet diese digital aus – ohne Wartezimmer und Arztbesuch. Ein kurzer Pieks in den Ringfinger, diesen über ein Röhrchen halten und vorsichtig fünf Tropfen Blut herausstreichen: Das klappt nicht nur laut Anleitung, sondern auch in der Praxis gut.
Marvin Abert, Anthony Bielenstein und Dr. Marcus Thuma, Gründer von “Remi Health” und dem „MOMA Test Labor“, machen vor, wie man sich das Kapillarblut selbst abnehmen kann. Dieses – gemeinsam mit der Urinprobe und einem Kennungscode – in einen Umschlag verpackt und an das neue Labor im Potsdam Science Park verschickt, dort werden die Proben auf die fünf häufigsten Geschlechtskrankheiten untersucht.
Die Idee dahinter ist, es der Zielgruppe zwischen 18 und 40 Jahren so leicht wie möglich zu machen, sich auf Chlamydien, Gonokokken (Tripper) und HIV, Syphilis und Hepatitis C checken zu lassen – und damit einen Beitrag zum Kampf gegen diese Krankheiten zu leisten. „Wer sich in diesem Alter ausprobieren will und die Geschlechtspartner*innen wechselt, wird in einer Arztpraxis meist einen ineffizienten, langen und teuren Prozess unterziehen müssen“, so die beiden Gründer, die selbst noch unter 30 Jahre alt sind. „Es ist für viele unangenehm, beim Urologen oder Gynäkologen gefragt zu werden: ‚Warum möchten Sie sich denn jetzt testen lassen?’“, erläutert Marvin Abert. Sein Kollege Anthony Bielenstein ergänzt: „Es kommen auch Reaktionen wie: ‚Sie müssen sich doch gar nicht testen lassen. Sie haben doch eine feste Beziehung.’“
Wer bislang für die Tests zum Arzt geht, muss zwischen 170 und 220 Euro hinlegen und wartet manchmal wochenlang auf seine Ergebnisse. Ein zweiter Arztbesuch ist hier häufig notwendig. Im Gegensatz dazu lässt sich beim Remi eine Box samt Utensilien für Blut- und Urinprobe über die Internetseite „myremi.com“ deutlich günstiger und schneller bestellen. 48 Stunden nachdem die Proben im Labor auf dem Potsdamer Wissenschaftsareal angekommen sind, liegt den Getesteten das Ergebnis vor – online abrufbar, unter Wahrung der Anonymität , Sicherheitsstandarts und jenseits stigmatisierender Testsituationen. Für den Fall, dass eine der fünf Krankheiten festgestellt wurde, wird ein zweites Mal nachgemessen. Bestätigt sich der Befund, schaltet sich ein kooperierender Facharzt ein, um das weitere Vorgehen abzusprechen.
Dass die Newcomer einen Nischenmarkt bedienen, bereitet ihnen kein Kopfzerbrechen. Haben die Menschen doch während der Corona-Pandemie geübt, sich selbst zu testen. Hinzu kommt, dass das Start-up eine weitere Dienstleistung anbietet, die aktuell stark nachgefragt ist: Mit den Labormaschinen lässt sich auch die Zahl von Antikörpern gegen das Corona-Virus im Blut messen. „Wir können dazu beitragen, dass die Leute uns ihr Blut schicken, und wir liefern ihnen ein Ergebnis: Wie viele Antikörper habe ich? Hat mein Körper bereits auf die Impfung ausreichend reagiert?“, sagt Marvin Abert. Die Information ist drei Tage später per E-Mail abrufbar.
Im Labor läuft alles digital und online, erzählt Anthony Bielenstein. Die Labormaschine leitet die ermittelten Werte verschlüsselt über die selbst entwickelte Remi-Software an die Testperson weiter. Mehrer Monate lang haben die Gründer gemeinsam mit dem Arzt Dr.Mar cus Thuma an Konzept und Logistik gefeilt. Weil sie in Berlin lange vergeblich nach einem Laborplatz gesucht haben, fragten sie im Potsdam Science Park nach: „Innerhalb von drei Tagen haben wir den Mietvertrag unterschrieben.“
Text: Isabel Fannrich, erschienen in Kooperation mit ProWissen Potsdam e.V. in der Sonderausgabe „Wissenschaft im Zentrum“ in Potsdamer Neuste Nachrichten/Tagesspiegel vom 18.12.2021
Bildhinweis: v.l.n.r. Herr Dr. Marcus Thuma (CMO), Herr Anthony Bielenstein (CEO), Herr Marvin Abert (COO) © Remi Health GmbH/Iris Humm
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